Wenn Größere Arbeiten in Haus und Garten anstehenWer seinen Garten liebt, fürchtet ihn wie der Teufel das Weihwasser im Allgemeinspruch. Den Tag des Baubeginns. Nicht mehr länger aufschiebbare Arbeiten rund ums Haus müssen endlich in Angriff genommen werden. Zuvor jedoch wird geplant, verworfen, terminisiert, neu überdacht, verschoben. So lange, dass man sich zwischendurch sogar in trügerischer Sicherheit wähnt, es wäre noch reichlich Zeit bis es losgeht. Gleichwohl es nie zum Äußersten kommen würde und sowieso alles nur eine Frage der Vorbereitung sei. Grenzenlos verwegenen Gärtnerseelen gelingt es sogar, das unliebsame, nach wie vor jedoch unabwendbare Projekt für ein paar Stunden, ja sogar Tage einfach gedanklich zu streichen und zu vergessen. Scheinbar. So dass sie weiter garteln, als würde nie etwas sein. Doch im Unterbewußtsein brodelt es und die Zeit kennt auch kein Pardon, rast. Auch mir ging es nicht anders, als im vergangenen Sommer nach heftigen Unwettern wieder einmal das Wasser gefühlt knietief im Haus stand und meine Gartenbuchbibliothek, die ich im Übrigen wie meinen Augapfel hege, unterzugehen drohte. Nicht, dass Sie jetzt denken, die Bücher wären der einzige Grund gewesen, gewisse Reparaturarbeiten in Angriff zu nehmen. Natürlich stand das Haus im Mittelpunkt und musste dringend vor Wasser, aufsteigender Feuchtigkeit und damit einhergehenden Folgeschäden geschützt werden. Bei der Gelegenheit sollten auch ein paar neue Leitungen verlegt werden, ebenso wie dies und das im Gelände. Kurz gesagt, ein größeres Projekt kündigte sich an, das zwangsläufig Arbeiten mit sich bringen würde, die ohne entsprechendes Baugerät und Bagger, wenn auch in Kleinformat, nicht zu bewältigen wären. Invasiv, wie wir in der Gartensprache zu sagen pflegen. Die positive Gärtnerin oder alles wird gutDie Aussichten auf einen weitgehend unversehrten Garten waren somit von vornherein eher sportlicher Natur. Die Lage war ernst, rosig weniger und mir blieb nur noch: Augen zu und durch. Ich wollte den Garten an die Hand nehmen, ihn begleiten und so schnell wie möglich durch diese missliche Lage manövrieren. Wollte ihn am Ende wie Phönix aus der Asche auferstehen lassen. Das Szenario vor Augen, motivierte ich mich selbst, indem ich mir so oft wie möglich vorsagte, ich könne immerhin dafür sorgen, dass keine meiner Pflanzen Schaden nehmen würde. Ich müsste sie nur alle vor Beginn ausgraben und sie während der Zeit der gröbsten Arbeiten in einem unangetasteten Winkel im Garten zwischenlagern. Dachte ich und wog mich in Sicherheit, dass sich selbst im heftigsten Getümmel ein unberührtes Garteneck auftun ließe. Versicherte mir beherzt, dass am Ende ohnedies alles rasch über die Bühne gehen würde und ich sodann alle meine Lieblinge wieder an ihre angestammten Plätze zurückbringen und an Ort und Stelle eingraben könnte. Wie blauäugig und naiv. Hatte ich mir doch tatsächlich erfolgreich eingeredet, dass alles, wirklich alles, gut werden würde, sodass ich es am Ende selbst glaubte. Streng und fokussiert, wie ich ans Werk gegangen war, hatte ich mir selbst gegenüber kein Widerwort geduldet und war dementsprechend positiv gestimmt. Alles würde gut werden. Der Garten würde wieder blühen. Irgendwann. Wenn der Bagger durch den Garten rolltAls es dann endlich los ging, worüber ich sehr froh war, denn zwei Baustellen sind eine zuviel, die im Kopf jedenfalls, rollte der Bagger an und quetschte sich durchs Gartentor. In diesem Moment bekam ich einen Vorgeschmack darauf, was in den nächsten Wochen auf mein grünes Wohnzimmer zukommen würde. Neben anderen Großfahrzeugen, die schon auf den ersten Blick erahnen ließen, dass hier nicht mit zartem Garn geklöppelt werden würde. Voraussichtlich wenig Fruchtbares für meinen wehrlosen Garten verhießen. Oder sollte ich mich täuschen? Das allein würde die Zukunft bringen. Erst einmal zitterte ich um meinen Garten, den ich auf ungewisse Dauer nicht mehr beschützen würde können. Meinen Garten, der nun hilflos der Baggerschaufel ausgeliefert war und ich würde noch dazu aus der ersten Reihe zusehen müssen, wie es ihm Halm um Halm, Schneeglöckchen um Schneeglöckchen, an den Kragen ginge. Ein Anblick, der das Herz einer jeder Gärtnerin, eines jeden Gärterns bricht! Nach den ersten Grabungsarbeiten war glasklar, dass sich hier nichts mehr schönreden ließ. Zumindest nicht in Bezug auf den gerade eben erst aus dem Winterschlaf erwachenden Garten. Unterstützt durch frühsommerliche Temperaturen, die die ersten Frühblüher wachkitzelten. Eine Herausforderung nicht nur für die Gärtnerin, sondern auch für den sonst so lustig, da wild blühenden Garten. Nichtsdestotrotz bemühte ich mich diszipliniert, nicht die Nerven zu verlieren. Dazu hielt ich mir den auf der Hand liegenden Vorteil einer Neugestaltung meines so tapferen Gartens vor Augen. Quasi die visualisierte Version des Schönredens, die überraschenderweise ganz passabel funktioniert hat. Bisher. Allerdings befinde ich mich erst an Tag zwei von Woche vier der anberaumten sechs Wochen baulicher Tätigkeiten. Verlängerungen aufgrund diverser Umstände und Widrigkeiten nicht mit einkalkuliert, sodass der Weg noch ein durchaus längerer sein könnte. Die Natur indes schreitet mit Siebenmeilen Stiefeln voran. Doch ich hatte nicht vor, in die Knie zu gehen. Ganz im Gegenteil. Aus gegebenem Anlass den Neustart vor Augen, wollte ich dem Bagger in die Schaufel blicken. Mir auf seinen Spuren der Verwüstung ein rauschendes Blütenmeer ausmalen. Die Chance auf einen Neubeginn trefflich nutzen und in eine neue Gartenära starten. |
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