Gärtnerinnen auf dem KräuterpfadDie Schafgarbe begegnete mir vor vielen Jahren im Zuge einer Kräuterwanderung, wo ich zum ersten Mal so richtig Bekanntschaft mit ihr machte. Natürlich hatte ich bereits zuvor schon das Vergnügen, hie und da über sie zu stolpern, jedoch hatte sie es nie bis ins Zentrum meines Pflanzenradars geschafft, sondert dümpelte irgendwo am Rande desselben vor sich hin. So indifferent sich die Beziehung zur heutigen Pflanze des Jahres einst anließ, so nachhaltig sollte sich diese Begegnung mit der Schafgarbe auf Dauer entwickeln. Eine weiße Schafgarbe, ein recht unscheinbares Mauerblümchen am Wegesrand, ließ die Kräuterfrau anhalten und sich auf das Kraut mit den tausend Blättern zu stürzen. Mit ihr die gesamte Gruppe von sieben Gärtnerinnen, alle mit schicken Hütchen am Kopf, um sich vor der Sonne zu schützen. Eine jede ein Körbchen am Arm schaukelnd, um auch ja die krautige Ernte von unterwegs einzusammeln und nichts davon womöglich unterwegs zu verlieren. Manche mit Notizblock und Stift in der Hand. Ein paar mit Fotoapparat oder Handy, was zu kleinen Verzögerungen im Bewegungsfluss der Kräutertour führte, denn zuhören und aufnehmen gelingt selten gut auf Anhieb und noch seltener gleichzeitig. Dennoch, man wollte notieren, fotografieren, skizzieren und möglichst alles dokumentieren, was es unterwegs zu bestaunen und erkennen gab. In dieser geselligen wie aufgekratzten, da wissbegierigen Runde, denn Gärtnerinnen sind ein klassisches Paradebeispiel für die Lust am lebenslangen Lernen, habe ich in späten Jahren die Schafgarbe für mich entdeckt. Merkte gefangen auf, als die grüne Gesellschaft sich durchs Gelände stolpernd langsam einbremste und zum Stillstand kam, um der Kräuterfrau andächtig zu lauschen, was sie über die Staude zu berichten wusste. Schafgarbe (Achillea Millefolium) Die Schafgarbe ist eine Pflanze mit vielen Namen, von denen jeder einzelne aus einer anderen Ecke herrührt. Einer der klingenden Namen dürfte seine Herkunft tatsächlich dem Schaf verdanken. Haben doch Schafe die Pflanze mit den tausend Blättern zum Fressen gern und eine Anlehnung an den Lieblingsschmaus des gemeinen Schafes ist somit naheliegend. Einer weiteren Überlieferung zufolge wurde von einer wundersamen Heilung berichtet, nach der sich kranke Schafe über die Pflanze hermachten und nach einiger Zeit wieder gesundeten. Ob es der Tatsache geschuldet war, dass die Schafe mit oder ohne Schafgarbe wieder fit wurden oder doch dem Umstand, dass die Pflanze die Tiere geheilt hat, ist ungewiss. Ebenso wie die Frage ungeklärt ist, wer oder was zuerst da war, das Schaf oder die Schafgarbe. Es sei dahingestellt. Nur so viel zur Aufklärung: Die Schafgarbe ist eines der ältesten Kräuter, die uns bekannt sind. Im Iran wurde die Schafgarbe in einem Grab gefunden, das über 60.000 Jahre alt ist und diente dort als Grabbeigabe. Der Ursprung des Schafes im Pflanzennamen wäre somit geklärt, bleibt nur noch offen, was es mit der Garbe auf sich hat. Doch auch das ist flink gelöst, denn die Garbe leitet sich aus dem Althochdeutschen "garwe" ab, was nichts anderes bedeutet als "heilen". Somit ist es eindeutig und es handelt sich um ein Kraut, das das Schaf heilt. Achillea Millefolium in der Antike Geht man weiter zurück in der Geschichte, finden sich bereits in der griechischen Mythologie erste Berichte darüber, dass Achilles die Schafgarbe zur Behandlung von Wunden einsetzte. Der bedeutendste griechische Kämpfer im Trojanischen Krieg galt selbst als unverwundbar, bis auf eine einzige Stelle an seinem Körper, seine Ferse. Der Überlieferung nach hat er sich jedoch der Schafgarbe bedient, um die Wunden seiner Soldaten während des trojanischen Krieges zu versorgen. Heute verwendet man den Ausdruck „Achillesferse“ als Metapher für eine verwundbare Stelle, ein Defizit, einen Schwachpunkt. So dürfte auch die Schafgarbe zu ihrem lateinischen Namen gekommen sein und ist als „Achillea“ bestens bekannt. Millefolium kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie Tausendblatt. Von mille wie tausend und folium wie Blatt. Augenbraue der Venus Überaus charmant die Bezeichnung der Schafgarbe als „Augenbraue der Venus“, wie sie ebenfalls genannt wird. Dieser Ausdruck rührt daher, dass ihre zart gefiederten Blätter geschwungenen Augenbrauen ähneln. Wer sich ein solches Tausendblatt, so ein weiterer Name neben Soldatenkraut oder Gänsezunge, nun etwas genauer ansieht, wird vielleicht eine gewisse Ähnlichkeit des Millefoliums zu den Wedeln des Farns entdecken können. Nur sind die des Farns um Klassen größer, die XXXL Ausgabe eine Schafgarbenblättchen. Einer weiteren Überlieferung aus Frankreich zufolge, wurden früher kleinen Kindern die zarten Blättchen der Schafgarbe auf die Augen gelegt, um ihnen so zu feinen Träumen zu verhelfen. Praktisch eine Etage tiefer. |
Hier schreibe und gärtnere ich für Sie
nEUERSCHEINUNGauszeichnungenDie Eisheiligen
Tintlinge
Archiv
Juni 2022
|