HalbzeitEin erster, wenn auch leiser Anflug von Ermattung mag bereits aufgekommen sein, und man stellt sich insgeheim die Frage, was noch möglich ist. Ob heuer noch alles zu schaffen sein wird, was bisher nicht erledigt wurde: Neupflanzungen, notwendig gewordene Schnitte oder projektierte Gartengestaltungsmassnahmen. Ideen, die seit geraumer Zeit in der gedanklichen Warteschleife hängen, sich dort endlos drehen und einfach noch nicht den perfekten Moment zum Ausstieg und zur Realisierung gefunden haben. Dann kommt der Juni, friedlich und unaufgeregt und doch brandgefährlich. Nicht ganz grundlos, denn Juni bedeutet auch immer, egal wie man es dreht und wendet, Halbzeit im Jahr. Im Gartenjahr. Dabei schien die Welt im Mai noch ganz in Ordnung. Die Pflanzen wuchsen planmäßig an Ort und Stelle, der Rasen war saftig grün und die ersten Stauden blühten um die Wette. Der ganze Garten war transparent und noch gut überschaubar, sodass selbst das kleinste Unkräutlein noch erspäht werden und je nach Gärtnerart bei Bedarf gezupft oder geerntet werden konnte. Für ein gepflegtes Gartenbild ebenso wie für die gesunde Küche mit Grünzeug aus eigenem „Anbau“. So wurde es Tag um Tag grüner und bunter, die Pflanzenwelt legte an Tempo zu und machte uns alle zu Happy Gardener. Während dieser köstlichen Tage der Gartenglücksseligkeit entspannt selbst der nervöseste Gärtner und lässt Garten und Zügel etwas lockerer. Insgeheim wohl wissend, dass er irrt und dennoch in der Hoffnung, es möge ewig so weiter gehen. Wie im Dschungel Dann kommt der Juni und mit ihm geht es erstmals bergab. Das Blatt beginnt sich zu wenden. Gezählt die Tage, an denen man das fabelhafte Gefühl hatte, den Garten im Griff zu haben. Ungezügeltes Chaos breitet sich aus wie eine Schlammlawine, die alles unter sich einnimmt und verwandelt manchen Garten zum unwirtlichen Dschungel. So auch meinen. Die Farben der Frühblüher verblassen langsam und die noch vor wenigen Tagen prachtvoll leuchtenden Blumenbeete hinterlassen beim Betrachter einen verwaschenen Eindruck. Die Farben scheinen sich aufzulösen, laufen ineinander über und verschwimmen, als hätte man sie zu heiß gewaschen. Blütenköpfe sinken zu Boden und liegen parterre, Sträucher verlieren die Fasson und ganze Hänge drohen unter meterhohem Gestrüpp unterzugehen. Wege verschwinden streckenweise und der Rest endet im Nirwana. Bäume sind entstellt und sehen aus, als hätte Christo persönlich sie in ein Netz verwoben und eingehüllt. Der Gespinstmotte sei Undank. Auch mein Sorgenbaum, die Traubenkirsche ist davon betroffen und die Sorge groß, das Gespinst könnte sich weiter auf die umliegenden Bäume ausbreiten. Doch laut Expertenmeinung bedeutet diese Spinnerei weder eine Gefahr für den betroffenen Baum selbst, der danach wieder austreibt, noch für die umliegenden Baumwelt. Möge die Expertise Recht behalten! Pflanzen, die bis vor kurzem noch im gärtnerischen Rampenlicht standen, gehen mittlerweile im Dickicht unter. Bereits in der Vergangenheit ward manch bedauernswertes Grünzeugs daraufhin nie mehr gesehen. Selbst schillernde Rosen wie die Heidi Klum scheinen jetzt ihren Zenit überschritten zu haben. Jetzt bleibt mir nur noch darauf zu bauen, dass sie das so nicht hinnehmen und alles daran setzen wird, auch künftighin zu zeigen, welch Schönheit in ihr schlummert. Der verlassene Garten Die Moral von der Geschicht‘: Verlasse deinen Garten nicht. Denn, wehe dem, der seinem Garten im Mai den Rücken gekehrt und so die erste rauschende Blütenphase verpasst hat. Den Hut an den Nagel gehängt hat, wenn auch nur für sehr, sehr kurze Zeit. Selbstverständlich wird ausgerechnet dann geblüht, dann nämlich, wenn man zwischendurch kurz Luft holen und neue Kräfte sammeln will. Auswärts! Ein ewig wiederkehrendes Dilemma, dessen Lösung nur in einem 365 Tage blühenden Garten liegen kann. Oder aber man bleibt eben gleich zu Hause und rührt sich nicht vom Fleck. Mein Garten scheint sich einen Spaß daraus zu machen, mich hinter den Gartenzaun zu zwingen. Und zugegeben, meist gebe ich ihm nach. Wie aus Ernst wieder Gartenspaß wird Noch ist nicht aller Tage Abend und zum Glück gibt es genügend einfache wie nützliche Mittel und Wege, sich gar nicht erst aus der Gartenbahn werfen zu lassen und falls doch, das Ruder rechtzeitig wieder herumzureißen. Unkompliziert zu gestalten, nachzujustieren und auszubessern. Und einfach zu genießen! Kraut & Rüben
Abschied von der Perfektion Wann immer der Garten zu entgleiten droht und die Dimension eines Elefanten annimmt, ist es sehr wirkungsvoll, dennoch entspannt ans Werk zu gehen. Auch ohne 7/24 zugange sein zu müssen. Trotz aller Widrigkeiten, die das erfolgsorientierte Gärtnerherz erschüttern. Dabei hat es sich bewährt, die Gartenarbeit in kleine Portionen aufteilen, wie ein gutes Lernprogramm und dieses ebenso beherzt wie lustvoll abzuarbeiten. Mein ganz persönlicher HerzensTipp ist es, sich als Ausgangspunkt einen Gartenraum zu schaffen. Virginia Woolfe wusste um die Bedeutung eines „ Zimmer für mich allein“. So ein Gartenzimmer oder Plätzchen, selbst wenn es noch so klein sein mag, lässt sich zum Gardeners Headquarter gestalten, entspannt, beruhigt, hebt die Stimmung und lässt aus dieser nicht nur strategischen Position heraus neue Gartenideen und Gedanken sprudeln. Aus derart aufgeräumter Lage und Stimmung macht selbst das größte Chaos Spaß, verliert seinen Schrecken und lädt ein zu einer neuen, spannenden Runde Garteln. Last but not least sollte man bedenken, dass der Garten sowieso seinen eigenen Gesetzen folgt und immer wieder aufs Neue Gestalt annimmt. Nischen, Ecken, Wege, alles entwickelt sich auch ohne unser Zutun unentwegt weiter, auch wenn es noch so verlockend ist, alles bis ins kleinste Detail durchzuplanen. Die sprudelnde Quelle Zur ganzheitlichen Unterstützung dieses Laissez- faire Gedankens mögen ein paar Übungen aus der TCM, der traditionellen chinesischen Medizin beitragen. Denn wo, wenn nicht im Garten fühlen sich solche Übungen am besten an? Barfuß auf der Erde. Bei einer dieser Übungen geht es darum, einen Akkupunkturpunkt auf der Fußunterseite, die sogenannte sprudelnde Quelle, zu aktivieren. Über diesen Punkt wird, sobald er mit dem Boden in Berührung kommt, Energie aufgenommen und gleichzeitig negative Gefühle an die Erde abgegeben. Eine rundum überzeugendes Argument und garantiert einen Versuch wert. Sollten Sie jetzt einen solchen wagen wollen, finden Sie hier eine Abfolge an Mini Qi Gong Übungen mit Anleitung zum Ausprobieren. Viel frische Energie!
9 Kommentare
Ach jaaaa - der blühende Giersch. Woher kenne ich den bloß? Hmmmmja, genau. Bei mir blüht er auch. Und mir fehlen auch grad ein paar Hände. Da mir aber nun mal keine wachsen, ist Laissez- faire eine sehr gute und entspannende Grundhaltung.
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Dani
13/6/2018 09:59:10 am
Liebe Claudia,
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Dani
13/6/2018 10:01:28 am
Liebe Gisela,
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Liebe Dani,
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Dani
15/6/2018 11:31:15 am
Vielen Dank, liebe Hilda!
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13/6/2018 10:26:06 pm
Liebe Dani, dasselbe habe ich mir auch gedacht als wir aus Graz zurück kamen. War der Garten vorher noch in Ordnung, herrschte danach das totale Chaos. Nun ja, wir sind vorerst beschäftigt.
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Dani
15/6/2018 11:34:32 am
Liebe Kathrin,
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